Gerade saß wieder ein Baupaar vor mir: "Ja Frau Ebner, die Förderungen gibt es ja nicht mehr..."
Naja... so ganz stimmt das ja nicht.
Gefördert wird weiterhin, aber nur noch das Effizienzhaus-/gebäude Stufe 40 Nachhaltigkeit EH 40 NH.
4 Buchstaben, 2 Ziffern, große Unsicherheit, was ist das nun genau?
Was muss mein Haus/Baupartner erfüllen, wie komme ich an diese Förderung?
Und weil ich selbst genau vor diesen Fragen stand, habe ich euch einfach einmal einen Überblick über das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) zusammengesucht.
Ziel: bis 2045 soll der Gebäudebestand klimaneutral sein.
Wie werden Anreize geschaffen, dass sowohl Firmen wie auch Bauherren ihre Häuser/Gebäude so CO2 neutral wie möglich bauen?
Klar, Förderungen.
Und so soll es mit der Nachhaltigkeitsklasse der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG NH-Klasse) gelingen, die CO2 Emissionen maßgebend zu verringern.
Schließlich ist der Bausektor Ursache für etwa 40% des Energieverbrauchs - und auch für 50% des Abfallverbrauchs in Deutschland.
Hier ist somit definitiv Einsparpotential vorhanden.
Und als Anreiz, möglichst CO2 neutral zu bauen, werden somit aktuell hierfür noch Förderungen der KFW-Bank geboten.
Bauherr*innen, die ein Nachhaltigkeitszertifikat für ihr Gebäude erhalten, können Förderanträge für Ihr Haus bei der KFW beantragen, bzw. über Ihren Finanzier/Bank beantragen lassen.
Der maximale Kreditbetrag beträgt 150.000€ pro Wohneinheit, davon erhalten sie dann 12,5%, also maximal 18.750€ als (Tilgungs-)Zuschuss.
Zusätzlich werden bis zu 5.000€ für die Fachplanung und Baubegleitung, sowie bis zu weitere 5.000€ für die Nachhaltigkeitszertifizierung gefördert.
Also kurz gefasst sind aktuell, ohne den eigentlichen Kredit selber zu betrachten, bis zu 28.750€ Zuschüsse möglich.
WICHTIG! In diesem Fall gilt: Es darf KEIN Bauvorhaben VOR der Beantragung gestartet werden!
1.) Welche Ziele hat die Nachhaltigkeits-Zertifizierung?
Ok, Förderung...
aber neben dem Ziel der finanziellen Förderung gibt es definitiv noch weitere Punkte.
Ein weiteres Ziel ist die Bewertung der Nachhaltigkeit auf unabhängiger Basis.
Alle Häuser werden auf einer Basis bewertet, es wird eine Grundlage geschaffen, die eine höhere Transparenz für BauherrInnen schafft.
Denn was steckt wirklich dahinter, woher kommen die Rohstoffe, wie gut ist der Schallschutz, wie gut der sommerliche Wärmeschutz? Diese, und noch wesentlich mehr Punkte, auf die ich später noch eingehe, spielen bei der Bewertung der Nachhaltigkeit eine Rolle und schaffen so Transparenz für die BauherrInnen, aber auch eine leichtere und bessere Vergleichbarkeit der Produkte, der Häuser.
Denn mal ehrlich, der "Versuch" über die Frage: "was kostet bei euch der m²" zu vergleichen, ist verständlich, aber totaler Quatsch, der reine m²-Preis sagt einfach nichts aus.
Stunden werden investiert, um Handys bzgl. Leistung usw. zu vergleichen, wo wird es produziert, wie lange hält der Akku, welches macht die besseren Bilder, wie schnell lädt es usw.
und das ist ein Produkt, das in der Regel ca. 2 Jahre genutzt wird und ein paar hundert, evtl. tausend Euro kostet.
Und bei einem Haus, das hunderttausende Euro kostet, euch euer restliches Leben begleiten soll, da ist dies aktuell nicht wirklich möglich.
Gefühlt gilt, je höher der Preis, desto weniger Informationen gibt es, desto weniger Transparenz wird geschaffen.
Somit ist das Siegel definitiv eine Möglichkeit für BauherrInnen eine höhere Transparenz zu erhalten, Anbieter können die Qualität ihrer gebauten Häuser besser nachweisen und sichtbar machen.
Zusätzlich sorgt die Nachhaltigkeits-Zertifizierung für eine höhere Effizienz im Hausbau, und das schon ab der Planungsphase.
Denn Ziel der Zertifizierung soll sein, dass alle am Bau Beteiligten noch enger zusammenarbeiten, von den Fachplanern angefangen, über die Energieberater bis hin zur Baufirma.
Dies ist zwar bei ein paar Firmen bisher schon Standard, so auch bei Fertighaus Weiss, aber leider nicht überall. Mit Beginn der Planungsphase wird eine klare Zielvereinbarung ausgefüllt und auf diese hin können dann alle arbeiten.
Und wenn ihr euch jetzt denkt, das erwarte ich doch auch jetzt schon...
Ja, schön wäre es!
Aber leider erlebe ich zu oft anderes.
BauherrInnen kommen genervt in den Ersttermin zu mir, genervt davon, dass sie unzählige Ersttermine hatten, sich Zeit für die Termine und die Erstellung ihrer Wunschliste genommen haben, und dann das erste Angebot und der erste Grundriss so gar nicht diese Wünsche aufgegriffen hat.
Dabei ist dies echt nicht so schwer und sollte in der kompletten Baubranche Standard sein.
Ein weiteres Ziel ist natürlich, wie der Name schon sagt, die Nachhaltigkeit.
Mit Nachhaltigkeit ist in diesem Fall die Zukunftsfähigkeit eines Gebäudes gemeint.
Es soll komfortabel, gesund und auch in Zukunft sicher sein und so langfristig die Hauskosten für Wartung/Heizung/Kühlung/Umbau/Renovierung aber auch den evtl. Abriss minimieren, also unterm Strich das Leben in dem Haus.
Denn was bringt es, das aktuell billigste Haus zu bauen, wenn die Kosten in den Folgejahren so steigen, dass man sich die Instandhaltung oder das Leben in dem Haus nicht mehr leisten kann?
Ziel (fast) jeder BauherrInnen ist es, ein Leben lang in ihrem Traumhaus zu wohnen,
da muss das Haus dann aber auch dafür ausgelegt sein.
2.) Ablauf der Zertifizierung - was muss ich in welcher Reihenfolge nun machen?
Aber wie läuft denn so eine Nachhaltigkeits-Zertifizierung nun genau ab?
Das QNG-Siegel, also Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude ist eine eigene Nachhaltigkeitsklasse des Bundes, es ist ein staatliches Siegel.
Der Nachweis für die KFW-Förderung erfolgt somit über die Vergabe dieses gebäudebezogenen QNG-Siegels.
Um dieses Siegel zu erhalten, muss das Gebäude allgemeine und besondere Anforderungen an die ökologische, soziokulturelle und ökonomische Qualität erfüllen und darüber muss ein Nachweis erbracht werden.
Diese Anforderungen sind durch eine unabhängige Prüfung nach Baufertigstellung anhand abgeschlossener Planungs-/Bauprozesse und auf Grundlage der Überprüfung ausgewählter realisierter Qualitäten nachzuweisen.
Diese Kriterien und Bedingungen legt die Bundesregierung fest.
Das Siegel wird dann nach Zertifizierung im Auftrag des Bundesbauministeriums durch unabhängige Stellen vergeben und je nach Qualitätsniveau des Gebäudes entweder als
QNG-Plus (überdurchschnittliche Qualität - erfüllt alle festgesetzten Mindestanforderungen) oder als QNG-Premium (deutlich überdurchschnittliche Qualität) eingestuft.
Aktuell gibt es 2 Siegelvarianten, einmal das Siegel für
"Neubau von Wohngebäuden mit bis zu 5 Wohneinheiten"
und
"Neubau von Wohngebäuden jeder Größe"
Im Folgenden dreht sich alles um das Siegel für Wohngebäude bis zu 5 Wohneinheiten, selten habe ich aktuell Planungen, die größer sind.
Also wie schaut nun der Ablauf genau aus?
Mitteilung des Wunsches der EH 40 NH Zertifizierung bereits beim ersten Planungstermin: der weitere Ablauf und die Themen der nötigen Dokumentation werden hier besprochen.
Anmeldung des Zertifizierungsprozesses: Diese erfolgt bereits in der Planungsphase über einen von den BauherrInnen beauftragten Auditor. Dieser kann teilweise auch, wie z.B. bei Fertighaus Weiss, direkt über den Baupartner beauftragt werden. Der Auditor meldet das Projekt an, begleitet und dokumentiert den kompletten Planungs-/und Bauprozess und reicht schlussendlich auch die Unterlagen zur Prüfung bei den Zertifizierungsstellen ein. Bitte denkt daran, bereits beim ersten Planungsgespräch euren Wunsch der Zertifizierung anzugeben, da hier schon die ersten Checklisten zur Festlegung von nachhaltigen Planungszielen ausgefüllt werden müssen. Eine Antragstellung kann ebenfalls direkt von den BauherrInnen, den Bauträgern oder den Herstellern stattfinden, je nach Zertifizierungsstelle.
Antragstellung BEG-Förderung mit Nachhaltigkeitsklasse: der Antragsteller der BEG-Förderung muss auch Vertragspartner der Zertifizierung sein! Das Bauvorhaben darf erst NACH Beantragung starten!
Dokumentation + Fertigstellung einer Hausakte: dies erfolgt auch über den Auditor. Anhand von Checklisten wird die Umsetzung nachhaltiger Planungsziele überprüft und dokumentiert.
Prüfung: nach Fertigstellung des Gebäudes übergibt der Auditor die Dokumentationsunterlagen an die Zertifizierungsstelle, diese bewertet auf Basis der QNG Anforderungen die Nachhaltigkeitsqualität des Gebäudes.
Gütesiegel: Nach erfolgreicher Prüfung wird diese Information an das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen weitergeleitet. Dieses stellt dann das QNG Gütesiegel in Form einer Urkunde aus.
Das QNG Siegel kann nun bei der KFW-Bank eingereicht und somit die Auszahlung der Fördermittel beantragt werden.
3.) Wer kann zertifizieren?
Welche Gesellschaften, bzw. Institute bieten nun QNG-Nachhaltigkeitszertifizierungen (bis 5 Wohneinheiten) an?
Diese wurde bereits 2007 gegründet und hat 2009 erstmals das Zertifizierungssystem angewandt.
Die Gesellschaft setzt sich für gute Gebäude, lebenswerte Quartiere und eine zukunftsfähig gebaute Umwelt ein.
Als weiteres Ziel hat sie sich ein angemessenes Qualitätsverständnis gesetzt.
Neben nachhaltigen Gebäuden zertifizieren sie auch Innenräume und Quartiere.
Die Basis der Zertifizierung sind 3 wesentliche Paradigmen:
- Lebenszyklusbetrachtung
- Ganzheitlichkeit
- Performanceorientierung
37 Kriterien werden in 6 Themenfeldern bewertet.
Die DGNB bietet 2 Arten der Zertifizierung an:
DGNB NW2018: Neubau von Wohngebäuden
DGNB NKW 13.2: Neubau kleiner Wohngebäude, bis 6 Wohneinheiten
Der Verein setzt sich aus mehreren, bundesweit agierenden Immobilien- und Wohnungsbauverbänden zusammen.
Diese haben sich die Förderung der Nachhaltigkeit im Wohnungsbau als Ziel gesetzt.
Das Bewertungssystem Nachhaltiger Wohnungsbau wurde entwickelt, um verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit im Wohnungsneubau zu beschreiben und auch zu bewerten, und das bereits seit 2016.
5 Kategorien werden hierbei bewertet:
- Wohnqualität
- Technische Qualität
- Ökologische Qualität
- Ökonomische Qualität
- Prozessqualität
Hinter diesem Bewertungssystem steck das BiRN Institut (Bau-Institut für Ressourceneffizientes und Nachhaltiges Bauen GmbH), das 2015 gegründet wurde.
Das Institut ist eine Ausgründung eines Forschungsprojektes der Bauklimatik von Prof.Dr.-Ing. Natalie Eßig der Hochschule München.
Ziel ist die Förderung des nachhaltigen Bauens.
Das Bewertungssystem ist eine Weiterentwicklung des Ansatzes der Energieausweise für kleine Gebäude.
Schauen wir uns nun mal genauer an, was hinter diesem Bewertungssystem steckt.
4.) BNK - Bewertungssystem Nachhaltiger Kleinwohnhausbau (BNK_V1.0)
Dieses Bewertungssystem wird zur Bewertung von Ein - Fünffamilienhäusern angewendet.
So aber auch Doppel- und Reihenhäusern, Einfamilienhäusern mit Einliegerwohnung.
Es dreht sich hier alles um das Haus.
So werden umliegende Themen, wie das Grundstück, Terrasse, Garagen oder Gärten nicht mit bewertet.
Grob gesagt: Haushülle = Bewertungsgrenze
4 Kategorien - 19 Kriterien
Jede der 4 Kategorien wird mit jeweils 25% bewertet, und schlussendlich wird das Haus dann benotet:
ab einem Gesamterfüllungsgrad von 50%: Gut, Note 3 und besser
ab einem Gesamterfüllungsgrad von 65%: Sehr Gut, Note 2 und besser
ab einem Gesamterfüllungsgrad von 80%: Exzellent, Note 1,5 und besser
Aber so einfach ist es nicht, in jedem Kriterium MUSS mind. 1 Punkt erreicht werden, sonst gibt es keine Zertifizierung.
Gesamt sind bei jedem Kriterium 10 Punkte möglich, mit teils unterschiedlicher Gewichtung/Bedeutung.
Kategorie 1 = Soziokulturell und Funktional: 9 Kriterien
Welche Anforderungen stellt der Nutzer an sein Haus
- Innenraumhygiene
- Trinkwasserhygiene
- sommerlicher Wärmeschutz
- Tageslichtverfügbarkeit
- Schallschutz
- Haustechnik / Steuerung
- Einbruchschutz
- Brandmelder / Bekämpfung
- Barrierefreiheit
Kategorie 2 = Ökonomisch: 1 Kriterium
Hauskosten im Lebenszyklus
Wirtschaftlicher Umgang mit finanziellen Ressourcen
von der Errichtung bis hin zum Abriss:
Herstellung - Betrieb - end of life
Kategorie 3 = Ökologische Qualität: 6 Kriterien
Umweltwirkungen und Inanspruchnahme von Ressourcen
- Treibhauspotenzial und andere Umwelteinwirkungen
- Primärenergie
- Dezentrale Erzeugung regenerativer Energie
- Einsatz von Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung
- Flächenausnutzung
Kategorie 4 = Prozessqualität: 3 Kriterien
Anforderungen an die Planung, den Bau und die Vorbereitung der Betriebsphase
- Beratungsgespräch mit Zielvereinbarung
- Gebäudeakte/Nutzerhandbuch: alle wichtigen Unterlagen und Dokumente aus dem Planungs- und Bauprozess
- Qualitätssicherung
Ab einem Gesamterfüllungsgrad von 50% wird das Haus/Gebäude nun zertifiziert und erhält das "Qualitätssiegel BNK".
5.) Macht eine Zertifizierung nun Sinn?
Dies würde ich in der Tat von ein paar Punkten abhängig machen.
Grundsätzlich finde ich persönlich den Weg der Zertifizierung super, wie schon oben geschrieben, Handys, Autos usw. werden in stundenlanger Arbeit verglichen, Werte offengelegt und detailliert "auseinandergenommen".
Dies ist beim Hausbau bisher nur mit sehr viel Aufwand und sehr intransparent möglich.
Jetzt bin ich schon über 10 Jahre dabei und weiß viele Details, und trotzdem benötigte ich teilweise einige Tage, um auch nur Ansatzweise 2 Angebot zu vergleichen, und dann sind trotzdem einige Inhalte nur angenommen, da keine näheren Infos vorhanden sind.
Und wie soll es hier Bauherr*innen gehen, die sich nicht seit Jahren tagtäglich damit beschäftigen?
Daher finde ich eine größere Transparenz richtig gut!
Und das ist ja eine der grundsätzlichen Ideen der Zertifizierung.
Desweiteren betrachte ich auch einige der vorgegebenen Kriterien bzgl. der Nachhaltigkeit/bzw. Zukunftsfähigkeit als super wichtig und wertvoll.
Was sind nun die Punkte, von denen ich es abhängig machen würde?
1.) Ihr habt sowieso vor, unabhängig von der Finanzierung, ein EH40 zu bauen - rein für die Förderung das Ganze zertifizieren zu lassen lohnt sich nur in den wenigsten Fällen
2.) Ihr plant ein Haus incl. Bodenplatte - ein Keller macht die Zertifizierung ungemein schwerer/unmöglich
Eine schlüsselfertige Bauweise von einer Firma, die Haus und Zertifizierung zusammen anbietet - das vereinfacht den Ablauf natürlich, da jeder Schritt und jedes Material dokumentiert werden muss und je weniger Schnittstellen es gibt, desto besser passt der Prozess.
Erkundigt euch also bei eurem ersten Termin schon, ob und in welcher Art dieser Zertifizierung angeboten wird.
Dann steht dem Ganzen nichts im Wege, dass ihr ein EH40NH Haus bauen könnt, ein rundum nachhaltiges, zukunftsfähiges und optimiertes Zuhause
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